Veggie Warenkunde

Aromawunder aus der Erde

Hallo ihr lieben Leser von Hattgekocht,

mein Name ist Tim. Ich lebe seit mittlerweile vier Jahren mit Line zusammen, die ihr als den kreativen Geist hinter diesem wunderbaren Blog kennengelernt habt. Seit wir vor zwei Jahren online gegangen sind, verging kaum ein Tag, an dem sie nicht daran gearbeitet hat, besser zu werden. Die Fotos, der Seitenaufbau und die Texte – Alles sollte professioneller, klarer strukturiert und übersichtlicher sein. 

Ich war dabei eigentlich der Mann im Hintergrund. Passionierte Schnibbelhilfe, Kochlehrling und aufrichtiger Bewunderer der Leidenschaft, die meine Freundin im Bezug auf ihren Blog an den Tag gelegt hat. Für unseren Alltag bedeutete unser gemeinsames Hobby immer wieder lange Photoshop- und WordPress-Sessions, viele viele Fotos und kaltes Essen. Wir sind ständig mit irgendetwas gescheitert, haben uns geärgert und aufgeregt. Und wir sind sicher auch lange noch nicht damit durch – es gibt schließlich noch unglaublich viel zu lernen.

Tatsächlich haben wir in den vergangenen beiden Jahren aber auch schon viele tolle Erfahrungen machen dürfen. Wir haben eine Unzahl neuer Leute kennengelernt. Darunter waren viele Blogger, Instagrammer, Untergrund-Gastronomen, Kochrunden-Veranstalter und Köche – kurzum: viele  tolle Menschen, die das Thema Essen ebenso leidenschaftlich bewegt wie uns. Außerdem waren wir in kulinarischer Mission und Wien, Stockholm und Berlin unterwegs. Das sind alles Dinge, für die wir beide unglaublich dankbar sind.

Mehr als nur eine Rezeptsammlung mit netten Bildern

Dass ein guter Blog für Line und mich mehr ist als eine Rezeptsammlung mit netten Bildern, ist euch als aufmerksamen Lesern sicherlich längst klar gewesen 😉 . Kulinarische Reiseberichte, Interviews und Buchbesprechungen waren schon von Beginn an Teil der Philosophie von Hattgekocht. Und da wir als Journalisten nicht aus unserer Haut können – und gewissermaßen als Reminiszenz an den alten Blog-Namen „Hatterzaehlt“ – wollen wir euch auch künftig hin und wieder etwas erzählen, das ihr vielleicht noch nicht wusstet. Und da das für einen alleine mittlerweile alles ein bisschen viel ist, werde ich in Zukunft auch den ein oder anderen Text zu Hintergründen, saisonalen Produkten, Koch- und Gastrotrends beisteuern. In meinem ersten Beitrag geht es um Wurzelgemüse. Ich hoffe euch gefällt’s 🙂 !

Tim

Aromawunder aus der Erde

Wart ihr in letzter Zeit mal draußen? Schon ungemütlich, oder? Der Herbst hat Deutschland und Österreich mittlerweile fest im Griff. Ohne dicke Jacke geht gar nichts mehr. Die Heizung muss an, ständig sind die Klamotten klamm, und irgendwie ist man jetzt doch froh, wenn man sich nach Stunden in der Kälte aus seinen in sorgsam in Zwiebeltechnik angelegten Kleidungsschichten pellen kann. 

Kein Wunder also, dass zu dieser Jahreszeit die deftige Hausmannskost ihre alljährliche Renaissance erfährt. Nach der leichten Sommerküche ist vielen jetzt wieder nach einer vollen Dröhnung Fleisch. Doch ist euch eigentlich klar, dass Gulasch, Eintöpfe, Kassler, Wild und Co. einen gemeinsamen  Nenner haben? Als Bei- und Einlage wird dazu in den kalten Monaten gerne Wurzelgemüse gereicht. Rote Bete, Sellerie und Pastinaken – es gibt nur wenige Lebensmittel, die so vielseitig sind wie die leckeren Erdfrüchte. Sie werden als Sattmacher und Aromageber genutzt, können bloß gehaltvolle Beilage sein, aber auch der eigentliche Star auf dem Teller. Zeit, sich einige der wichtigsten Knollen mal etwas genauer anzuschauen.

Was versteht man eigentlich unter Wurzelgemüse?

Vorweg: Wurzelgemüse ist ein küchensprachlicher Begriff, kein botanischer. Es gibt also keine klare biologische Abgrenzung, was genau dazugehört und was nicht. Die gängige Definition fasst unter dem Begriff essbare, nährstoffreiche Speicherwurzeln zusammen, die bis auf wenige Ausnahmen biologisch zur Familie der Rüben gehören. Die Kartoffel gehört als Nachtschattengewächs nicht dazu, obwohl sie dem Wurzelgemüse sowohl geschmacklich als auch in ihren Kocheigenschaften sehr ähnlich ist. Aber keine Sorge: der Wunderknolle und ihren Verwandten werden wir sehr bald einen eigenen Text widmen 😉 .

Im Folgenden findet ihr Infos zum Wurzelgemüse, dem man in der Küche am häufigsten begegnet.

Karotte

Die Karotte, auch Möhre, Mohrrübe, Gelbrübe oder Ruebli genannt, gehört zur Familie der Doldengewächse. Sie wird erst seit etwa 100 Jahren intensiv gezüchtet und ist heute mit einem Anteil von acht Prozent der Gemüseproduktion nach der Tomate das bedeutendste Gemüse in Europa. EU-weit gibt es mittlerweile rund 300 Sorten. Mit der Ur-Möhre haben die orangefarbenen Stangen, die wir heute im Supermarkt kaufen können, nicht mehr viel zu tun. Durch Züchtung wurden sowohl der farbgebende Carotin- als auch der Zuckergehalt in der Rübe massiv erhöht. Die ersten Belege für die Kultivierung von Möhren finden sich in Aufzeichnungen aus dem antiken Griechenland.

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Was ihr mit Möhren so alles anstellen könnt, passt eigentlich gar nicht in einen Text. Die besondere Süße macht Karotten zu einem guten Begleiter für alle Gelegenheiten. Ihr könnt sie als Einlage in Suppen und Eintöpfen genießen, roh, als Kuchen oder auch als Saft. Lasst eurer Kreativität da einfach freien Lauf.

Knollensellerie

Eine der Aromabomben unter den Wurzelgemüsen ist sicherlich der ursprünglich aus Nordafrika stammende echte Sellerie. Er galt bereits im alten Ägypten, bei den Griechen und im antiken Rom als Heilpflanze. Auch heute gilt der Genuss noch als harntreibend und entgiftend.

In der Küche findet er sowohl als Bestandteil des Suppengrüns als auch als Röstgemüse und in Schmorgerichten Verwendung. Ihr könnt den Sellerie aber auch supergut kochen und zusammen mit Kartoffeln zu Püree verarbeiten. Die Vegetarier in unserem Freundeskreis schwören auf Sellerieschnitzel – haben wir allerdings noch nicht ausprobiert: also keine Gewähr 😛 .

Rote Bete 

Noch so ein kleiner Geschmacksknaller aus der Erde. Die Rote Bete (in Österreich und Süddeutschland auch Rote Rübe oder Rahner) ist mit der Zuckerrüben und dem Mangold verwandt. Sie ist wie die beiden Gewächse eine Kulturform der gemeinen Rübe und kam wie so viele Kulturpflanzen mit den Römern nach Mitteleuropa. Die heute gleichmäßig rote Farbe ist eine Entwicklung intensiver Zucht im 19. und 20 Jahrhundert. Die Rote Bete gilt wegen ihres ausgesprochen hohen Folsäuregehalts als besonders gesund. Außerdem wird ihr blutdrucksenkende Wirkung nachgesagt. img_7616

In der Küche passt die Rote Rübe mit ihrem erdig-fruchtigen Aroma in so manchen Zusammenhang. Sie wird sowohl roh in Salaten als auch als Beilage im Ofen gegart gereicht. Line und ich haben vor Kurzem mit Joghurt eine Rote-Bete-Crème zu Fisch zusammengerührt. Traditionell wird sie aber auch für Suppen (Borschtsch) und in gekochter Form (Labskaus). verwendet. Achtung! Beim Verarbeiten immer Handschuhe verwenden und vorsichtig sein. Sonst versaut ihr euch schnell eure Lieblingsbluse.

Radieschen

Die kleinen roten Knollen gehören sicherlich zu den gängigeren Formen von Wurzelgemüse. Radieschen gehören zur Gattung der Rettiche. In Europa haben sie sich im 16. Jahrhundert etabliert. Ihre Herkunft ist heute nicht mehr nachvollziehbar. Klar ist, dass sie zuerst in der französischen Küche Verwendung fanden, bevor sie im restlichen Europa ihren Siegeszug antraten. Sie schmecken leicht bis mäßig scharf. Kleiner Küchentrick: Salz lindert die Schärfe ein wenig. Die rote Knolle wird in unseren Breiten meist roh verzehrt (in Salaten etc.). Bei asiatischen Köchen sind Radieschen wegen ihrer leichten Schärfe aber auch als Suppeneinlage beliebt. Was viele heute nicht mehr wissen: auch die Blätter sind essbar – sowohl roh als auch gekocht. Nach dem Kochen erinnert die Konsistenz des Grüns an Spinat.

Pastinake

Pastinaken sind im westlichen Europa und in Asien verbreitet. Wie Karotten gehören sie zur Familie der Doldengewächse. Im Gegensatz zu ihren orangefarbenen Verwandten haben sie in der  jüngeren Vergangenheit aber eher an Bedeutung verloren. Denn von der Antike bis ins Spätmittelalter war die Pastinake eine der bedeutendsten Kulturpflanzen überhaupt. Karl der Große widmete dem Gemüse sogar einen königlichen Erlass. Und zur Zeit der großen Pestepidemie im 14. Jahrhundert wurde der Saft der deshalb auch „Pestnacke“ genannten Rübe als Heilmittel gegen die tödliche Krankheit eingesetzt. 

Der Geschmack der Pastinake reicht abhängig von Reifegrad und Zubereitungsmethode von süßlich-würzig bis erdig-herb. Ebenso vielfältig sind die Verwendungsmöglichkeiten in der Küche: Die Pastinake lässt sich backen, braten und zu Pürees und Suppen verarbeiten. Außerdem geben frittierte Pastinakenscheiben sehr aromatische Chips ab. Wegen ihres geringen Nitratgehalts eignet sich die Rübe außerdem als Bestandteil von Babybrei. Aus dem Saft lässt sich darüber hinaus ein Sirup kochen, der sich als Brotaufstrich oder Süßmittel verwenden lässt.

Petersilienwurzel

Die Petersilienwurzel stammt aus Mittel- und Nordeuropa und wird heute im Wesentlichen in Gewächshäusern angebaut. Sie gehört wie Pastinake und Karotte zu den Doldengewächsen und schmeckt intensiv erdig-süßlich. Der Geschmack ist mit dem der Pastinake vergleichbar, doch etwas kräftiger. Sie findet gemeinhin als Geschmacksträger in Suppen und Eintöpfen Verwendung. Geraspelt eignet sie sich auch wunderbar für Rohkostsalate. Aber Vorsicht: Bei Schwangeren kann der Genuss von Petersilienwurzel wehenauslösend wirken.

Schwarzwurzel

Im Rüben-Reigen bildet die Schwarzwurzel eine Ausnahme. Im Gegensatz zu den anderen genannten Gemüsesorten, erfüllt die Knolle nicht vollständig die botanischen Kriterien, um eine Rübe zu sein. Wir wollen aber mal nicht so sein und nehmen die leckere Wurzel in unser Gemüse-Glossar mit auf. Also die Schwarzwurzel. Ursprünglich stammt sie von der Iberischen Halbinsel und kam im 17. Jahrhundert nach Mitteleuropa. Heute wird sie vor allem in Belgien und Frankreich angebaut. Seit wenigen Jahren gewinnt sie aber auch im Rest Europas wieder an Bedeutung. 

Die Schwarzwurzel kann dann als Suppe, gekochte Gemüsebeilage und für Salat verwendet werden. Früher wurden die Blätter als Viehfutter gebraucht. Heute ist das nicht mehr üblich, weil sich der damit verbundene Aufwand nicht lohnt. Achtung bei der Zubereitung: Der Milchsaft der Schwarzwurzel ist sehr klebrig, außerdem färbt er die Haut beim Verarbeiten dunkel (deshalb auch „Schwarz“-Wurzel). Am besten also immer Handschuhe anziehen und die Wurzeln bis zum Weiterverarbeiten in Wasser einlegen.

Topinambur

Zum Abschluss nochmal ein Knaller: Topinambur war bis vor wenigen Jahren wohl nur Köchen gehobenen Niveaus, Gourmets und Asienfans ein Begriff. Heute ist das zum Glück anders. Die geschmackvolle Knolle ist in. Köche von Spitzbergen bis Kapstadt, von Tokio bis New York, von Berlin bis Sydney haben das süßliche Gemüse für sich entdeckt. Die kleinen braunen bis tiefroten Geschmacksbomben begegnen einem heute in jedem gut sortierten Supermarkt. Topinambur stammt ursprünglich aus Mittelamerika und kam spätestens im Jahr 1610 nach Europa. In den Jahren zuvor hatte es unter französischen Auswanderern im heutigen Kanada eine Hungersnot gegeben. Überlebende schickten einige der Knollen, die ihnen das Leben gerettet hatten, mit dem Schiff über den Atlantik. Ihren Namen  verdankt die „Indianerkartoffel“ dem brasilianischen Indianerstamm der Tupinambá.

Im 19. Jahrhundert war Topinambur als Nahrungs- und Futtermittel von großer Bedeutung. Gegen die deutlich ergiebigere Kartoffel konnte sie sich aber nie durchsetzen. Der Geschmack der Knollen ist süßlich, die Konsistenz im Rohzustand allerdings gewöhnungsbedürftig. Wegen ihres hohen Wassergehalts sind sie wohl am ehesten mit Artischockenböden vergleichbar. Sie lassen sich sowohl roh als auch gekocht verzehren. Auch frittiert entfalten sie ihr Aroma. Außerdem lässt sich aus der Knolle ein süßer Saft pressen. Zu Sirup eingekocht gibt Topinambur ein wunderbares Süßungsmittel ab.

So das war’s von mir! Schöne Restwoche euch allen und bis ganz bald 😉 .

Tim

PS. Hier findet ihr ein wunderbares Rezept mit Rote Bete.

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3 Comments

  • Reply
    Katti
    26. Oktober 2016 at 12:40

    Wow wie toll!
    SUper ausführliche und informative Warenkunde.
    Ich bin schon auf weitere Abenteuer von euch gespannt. Ihr seid ein super Team.

    Fühlt euch gedrückt
    Katti

    • Reply
      Karoline
      26. Oktober 2016 at 17:20

      Liebe Katti <3, wie lieb von dir :-).
      Dankeschön. Wir freuen uns, dass es dir gefällt und auf hoffentlich ganz bald.

      Drücker zurück.
      Line & Tim

  • Reply
    Rote Bete Salat mit Gurke, Orange und Hüttenkäse
    10. Februar 2017 at 19:27

    […] Tim erzählt euch in diesem Blogpost noch mehr über verschiedene Wurzelgemüse! […]

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